Das Facettengelenks-Syndrom und die Durchführung von Facettengelenks-Blockaden

Dr. Lorinde Huard, Schmerzmedizin SSIPM, FIPP, CIPS, Anästhesiologie FMH

Radiologische Anzeichen einer Facettengelenksarthrose sind jenseits des 60. Lebensjahres sehr verbreitet, sie betreffen bis zu 80% der Patienten*. Das Facettengelenks-Syndrom (oder vereinfacht Facettensyndrom) kann symptomatisch sein oder nicht und ist häufig Teil eines umfassenderen Bildes von Wirbelsäulenschmerzen. Um Schmerzen auf das Syndrom zurückführen zu können, sind vor einer entsprechenden Behandlung diagnostische infiltrative Test-Blöcke erforderlich.

Die Facettengelenke (Wirbelgelenke) verbinden die Wirbel der Wirbelsäule miteinander. Bei einem Facettensyndrom sind die Nerven im Gelenk gereizt. Das Facettensyndrom kann in allen Wirbelsäulenbereichen auftreten, wobei die Halswirbelsäule und die Lendenwirbelsäule am häufigsten betroffen sind. Die Ursache des Facettensyndroms ist häufig eine Bandscheibenerkrankung, die die mechanische Belastung der Facetten erhöht und zu einer Zunahme der degenerativen Erkrankungen führt.

Diagnostische Testinfiltrationen werden durchgeführt, um den Schmerzbereich zu lokalisieren, da projizierte Schmerzen und andere verzerrende Faktoren wie Muskelschmerzen oder radikuläre Schmerzen häufig auftreten. Das Facettensyndrom ist verantwortlich für mechanische und entzündliche Schmerzen, aber möglicherweise auch für neuropathische Schmerzen bei Nervenwurzelkompressionen. Dies kann erklärt werden durch die unmittelbare Nachbarschaft von Facettengelenke und Nervenwurzel. Längere statische Positionen, aber auch Dreh- und Streckbewegungen der Wirbelsäule begünstigen Facettengelenks-Beschwerden.

Die Schmerzen sind je nach Lokalisation unterschiedlich stark ausgeprägt. Sie können sich im unteren Lendenwirbelbereich befinden, aber auch in die unteren Gliedmassen ausstrahlen. Im Bereich der Halswirbelsäule können sie mit zervikogenen Kopfschmerzen oder Schulterschmerzen einhergehen. Bei Auftreten am thorakolumbalen Übergang kann es sich um ein Maigne-Syndrom handeln. Dabei bestehen projizierende Schmerzen mit Schädigung der Iliosakralgelenke, Entzündung des prätrochantären Schleimbeutels, mit Radikulopathie und anderen Aspekten. Diese Schmerzen entsprechen nicht der Verteilung der Dermatome.

Diagnostische infiltrative Facettengelenks-Tests: Interpretation

Diagnostische infiltrative Facettengelenks-Tests: Interpretation

Wir führen in unserem Institut regelmässig Facettenblocktests mittels örtlicher Betäubungen durch. Die Infiltration erfolgt unter Durchleuchtung oder Ultraschallkontrolle an den mittleren Seitenästen (Medial branches genannt) von den Facettengelenken, bei denen der Verdacht besteht, dass sie die Schmerzen verursachen. Dem Patienten wird anschliessend ein Schmerztagebuch ausgehändigt, worin er in den folgenden Stunden so objektiv wie möglich die Wirksamkeit des Lokalanästhetikums bewerten kann und somit die richtige Wahl der verursachenden Facette bestätigt oder nicht.

Das Ergebnis wird als positiv gewertet, wenn der Schmerz auf der Skala (NRS = numerische Rating-Skala), um mehr als 50 % gesenkt wird. Bei Patienten mit Verständnisproblemen oder Sinneseinschränkungen wird das Empfinden umfassender bewertet. Die Aufklärung des Patienten ist bei der Durchführung dieser Tests von entscheidender Bedeutung, da das folgende Behandlungsschema von den Antworten abhängt. Um Interpretationsverzerrungen (Placebo-Effekt, therapeutische Verbindung mit dem Analgetika-Team usw.) zu begrenzen, werden vor der Behandlung zwei Tests durchgeführt.

Diagnostische infiltrative Facettengelenks-Tests: Durchführung

Diagnostische infiltrative Facettengelenks-Tests: Durchführung

Diese Tests erfordern bei ihrer Durchführung eine hohe Präzision aufgrund der wichtigen benachbarten Strukturen (Gefässe, Wurzeln, feste Organe usw.). Sie müssen mit einer kleinen Menge an Lokalanästhetika durchgeführt werden, um nicht durch die Diffusion des Lokalanästhetikums andere Regionen mitzubetäuben, die später nicht behandelt werden und zu Verzerrungen der Ergebnisse führen. Wie bei jeder Infiltration müssen der Zustand der Blutgerinnung, das Allergierisiko und das Infektionsrisiko beurteilt werden. Auch hier ist selbstverständlich die vom Patienten unterschriebene Einwilligung erforderlich.

Was ist im Falle eines positiven Tests zu tun?

Was ist im Falle eines positiven Tests zu tun?

Bei zweimaligem positivem Ergebnis führen wir eine Radiofrequenzdenervierung der Medial branches der symptomatischen Facettengelenke durch. Bei weniger eindeutigen Ergebnissen oder einer Kontraindikation für die Thermokoagulation können wir intraartikuläre Facetteninfiltrationen mit Kortikosteroiden durchführen, um den entzündlichen Anteil der Schmerzen zu verringern.

Was ist bei einem negativen Test zu tun?

Was ist bei einem negativen Test zu tun?

Wenn ein korrekt durchgeführter und vom Patienten gut verstandener Test negativ ausfällt, wird nach einer anderen Ursache gesucht, welche für die Schmerzen verantwortlich ist (z.B. andere Facettengelenksebene, muskulärer oder radikulärer Ursprung). Diese Tests ermöglichen eine Einsparung von Kortison oder von übertriebenen invasiven Eingriffen, da letztendlich nur die Areale behandelt werden, die für die Schmerzen mitverantwortlich sind. Sie sind eine unverzichtbare Ergänzung zur Anamnese und klinischen Untersuchung des Patienten.

Multidisziplinäre Versorgung

Multidisziplinäre Versorgung

Das Facettensyndrom wird häufig von anderen degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen begleitet, und die schmerzlindernde Behandlung umfasst auch diese anderen Bereiche. Die Physiotherapie ist wichtig, um die chronifizierte Muskelverspannung zu reduzieren, welche die Beschwerden verstärken. Psychische Unterstützung kann ebenfalls erforderlich sein, weil es einen Zusammenhang zwischen Stimmungsschwankungen und chronischen Schmerzen gibt. Schliesslich ist das Facettensyndrom Teil einer umfassenderen Erkrankung, nämlich der Wirbelsäulenschmerzen, bei der der Patient in seiner Gesamtheit berücksichtigt werden muss. Biopsychosoziale Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Chronifizierung von Schmerzen.

Spezialisierte Schmerzzentren wie das Swiss Pain Institute gewährleisten eine multidisziplinäre Patientenversorgung und damit das bestmögliche Umfeld für eine ganzheitliche Behandlung.

Fotoquellen: Website Docset / MVZ

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.