Schmerzen ganzheitlich und interdisziplinär beurteilen

Autorin Céline Ancey, Physiotherapeutin, und das Team des Schmerzzentrums

Eine gute Schmerzbeurteilung ist die Grundvoraussetzung für die Bestimmung der bestgeeigneten Behandlung. Im Swiss Pain Institute bevorzugen wir eine ganzheitliche und interdisziplinäre Schmerzbeurteilung und erstellen dafür einen gemeinsamen Plan mit dem Patienten*. Neben Ärzten ziehen wir bei Bedarf auch Physiotherapeuten, Pflegefachpersonen, Psychologen und andere hinzu, um ein möglichst umfassendes Bild des Schmerzes zu erhalten.

Wir gehen mit dem Patienten die ganze Vorgeschichte seiner Schmerzen nach und versuchen, sie zu verstehen. Wir analysieren die medizinische und chirurgische Anamnese des Patienten, um herauszufinden, ob diese mit seinen Schmerzen zusammenhängen könnten. Dabei achten wir auch auf die bereits vorhandenen bildgebenden Verfahren und ergänzen sie bei Bedarf. Wir besprechen ausserdem einschneidende Lebensereignisse, die mit dem Auftreten der Schmerzen einhergingen oder zeitlich entfernt davon stattfanden. Die vom Patienten eingenommenen Medikamente und ihre Auswirkungen werden ebenfalls berücksichtigt. In Bezug auf den Schmerz selbst suchen wir nach detaillierten Informationen, um eine Diagnose des Schmerzes zu stellen (Ort, Merkmal, Art und damit verbundene erschwerende Faktoren).

Vom Patienten gesammelte Informationen

Vom Patienten gesammelte Informationen

PQRSTUI-Skala

P = Provoziert/Ausgeglichen. Was verursacht und lindert Schmerzen?
Q= Quantität/Qualität. Bewertung auf einer Skala von 0 bis 10. Wie beschreibt der Patient seine Schmerzen?
R= Region/Strahlung. Wo tritt der Schmerz auf und wie weit breitet er sich aus?
S = Symptome/Anzeichen. Vorhandensein oder Fehlen von Begleitsymptomen?
T= Zeit (Timing). Wann, zu welchen Zeiten, tritt der Schmerz auf?
U= Verstehen (Understanding). Bewertet die vom Patienten wahrgenommene Ursache dieses Schmerzes. Dies ermöglicht uns den Zugang zu seinen Auftritten.
I= Funktionelle Auswirkungen (Impact). Beurteilt die beeinträchtigten Aktivitäten.

Neben der PQRSTUI-Skala arbeiten wir mit validierten Fragebögen, die uns helfen, Schmerzen, ihre Ursachen und Folgen besser zu verstehen.

Fragebögen

DN4: Um herauszufinden, ob der Schmerz neuropathisch ist

DASS: Depression, Angst, Stress, um die Komponenten zu bewerten, die den Schmerz modulieren.

Euroquol: Zur Bewertung der Auswirkungen von Schmerzen auf die Lebensqualität des Patienten

Oswestry: Zur Beurteilung der schmerzbedingten Funktionsbehinderung des Patienten

Tampa: Um herauszufinden, ob Kinesiophobie damit verbunden ist

Ausserdem führen wir eine klinische Untersuchung durch, um objektive Informationen zu sammeln auf der Suche nach:

  • Sensitivitätsdefizit
  • Allodynie
  • Assoziiertes motorisches Defizit
  • Muskelkontrakturen
  • Hypodehnbarkeit der Muskeln
  • Einschränkung der Beweglichkeit der Gelenke
  • Hyperlaxität der Bänder

Chronische Schmerzen werden gemäss der folgenden Tabelle klassifiziert:

Klassifikation bei chronischen Schmerzen:

Klassifikation bei chronischen Schmerzen:

Sobald wir mit Hilfe der genannten Instrumente eine erste Einschätzung vorgenommen haben, können wir Hypothesen über den Schmerz und die daran beteiligten Strukturen aufstellen. Zur Überprüfung dieser Hypothesen können diagnostische Tests eingesetzt werden.

Überprüfung durch diagnostische Tests

Überprüfung durch diagnostische Tests

Abhängig von den Hypothesen, die nach der Anamnese und der klinischen Untersuchung aufgeworfen werden, können Ärzte ein Anästhetikum injizieren, um bestimmte Bereiche zu betäuben und zu sehen, wie sich dies auf die Schmerzen des Patienten auswirkt. Während der Narkose setzt der Patient sein tägliches Leben normal fort, versucht aber, die Schmerzen zu reproduzieren. Er füllt ein Schmerztagebuch aus, damit wir analysieren können, ob, wie und wie lange er bei den für ihn alltäglichen Tätigkeiten Erleichterung erfährt oder nicht. Das Anästhetikum wird entlang der sensorischen Nerven deponiert, insbesondere auf der Ebene der medialen Äste für die Zygapophysengelenke, aber auch auf der Ebene der peripheren sensorischen Nerven.

Schlussfolgerung

Schlussfolgerung

Schmerzen, die schlecht eingeschätzt werden, werden oft auch schlecht behandelt. Deshalb legen wir beim Swiss Pain Institute grossen Wert auf eine umfassende und gründliche Vorabuntersuchung der Schmerzen. Neben der Einbeziehung verschiedener Spezialisten stellen wir den Patienten in den Mittelpunkt des Prozesses, denn am Ende kennt er sich selbst am besten.

 

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.